Wunderbar, ich liebe Kreativität. Ich freue mich, dass die Menschen wieder kreativ und einfallsreich sind! Auch ich muss mir immer weiter Neues einfallen lassen. Viel zu viel gibt es im großen Netz und ich verstehe, dass Homöopathie-Interessierte oftmals von dieser Fülle verunsichert und auch überfordert sind.

Gestern durfte ich den Begriff „Homöopathische Chemotherapie“ für Hunde kennenlernen.  So etwas gibt es zwar nicht, aber es hört sich toll an, oder? Es spricht ganz stark den emotionellen Zustand des Tierhalters an. Das dient schon immer als Verkaufs-Argument. Chemotherapie – Tod und Teufel, Angst und Verderben, Chemie und Haarausfall…..

Dazu kommt jetzt aber die Homöopathie, bei vielen erscheint sofort ein Bild von Natur, viel Grün und bunte Blümchen, gutem Gewissen, Nebenwirkungsfreiheit usw. …  und schon hat das Etikett Chemotherapie einen freundlichen Anstrich bekommen.

Vor so viel Kreativität muss ich mich fast verbeugen. Nur… der Tierhalter ist überfordert mit der Fülle. „Es ist ja auch alles so unübersichtlich da draußen“. Ein Kommentar gestern: „Ich kenne mich doch nicht aus…“und das hat sogar eine Heilpraktikerin verordnet…“.

Der Tierhalter hat ein krankes Tier zu Hause und macht sich Sorgen.

Er möchte etwas tun! Das Angebot, das ihm gemacht wird, ist einfallsreich und ganz einfach unseriös.

Homöopathie ist Homöopathie mit ihren klaren Wirk-Gesetzen. Ja, auch innerhalb er Homöopathie-Szene gibt es viele Möglichkeiten und Modelle, sich dem kranken Zustand zu nähern, Dynamiken in Richtung Heilung zu beobachten, ergänzende, unterstützende Werkzeuge wertzuschätzen…. trotzdem behält dieses Gesetz: seine Beständigkeit:

Smilia similibus curentur – Ähnliches werde mit Ähnlichem geheilt-

Wir arbeiten „für“ den Organismus, helfen ihm kranke Symptome bestenfalls überflüssig zu machen, wir wollen seine Lebenskraft gestärkt sehen. Chemotherapie sieht den Feind. Sie bekämpft etwas. Ungeachtet des immer noch lebenden Organismus. …. also völlig verschiedene Ansätze.

In meinen nunmehr 30 Jahren intensiver Auseinandersetzung mit der Homöopathie durfte ich Toleranz üben. Und genauso wie meine eigene Kompetenz auch die Erfahrungen anderer Therapeuten zu schätzen lernen. Das war anfangs nicht immer einfach, war ich doch ein Verfechter, der reinen Homöopathie, nach dem Motto Hahnemann´s – mach´s nach, aber mach´s genau nach.

Bitte verstehe mich nicht falsch. Entscheidet jemand für sich, oder sein Tier für eine Chemotherapie und möchte mit Homöopathie, oder mit Schüssler-Salzen, oder einem anderen Hilfsmittel unterstützen, darf das alles sein. Das ist eine ganz andere Geschichte. Bestenfalls fragt er/sie einen verantwortungsvollen Therapeuten, der weiß, was er/sie tut. Aber dem Tierhalter zu suggerieren, es gäbe eine Homöopathische Chemotherapie ist etwas ganz anderes. Ist das für dich verständlich ausgedrückt?

Ist das zu viel verlangt?

Es ist schön zu sehen, dass Naturheilkunde und auch die Homöopathie wieder mehr Wertschätzung erlangen, das wird in den Folgejahren auch viel weiter gehen. Und ich bin mir sicher, dass die Nachfrage nach guten Ausbildungen wachsen wird. Die sich entwickelnde Eigenverantwortung fördert den Bedarf nach lebensbejahenden Maßnahmen. Darum liebe ich die Homöopathie so sehr. Sie ist dem Leben „ähnlich“, mit all ihrem Wirken. Sie unterstützt sowohl die Entwicklung des einzelnen, als auch das Kollektiv mit seinen Themen.

Aber bitte, auch wir Therapeuten sind gefragt! Wir sind auch verantwortlich für das, was wir tun. Da begegnen mir interessante Phänomene: „Das hat überhaupt gar nichts mit meiner Verschreibung zu tun“…oder auch nach 6 Monaten: „Das sind alles Entgiftungszeichen“ und der verzweifelte Tierhalter wird damit entlassen. Der Satz: „Denn sie wissen nicht, was sie tun“, wurde von mir in den letzten Jahren ziemlich überstrapaziert und kann auch nicht mehr für alles herhalten!

Ich für mich und mein Leben darf mir jeden Tag die Frage stellen: Kann ich morgens in den Spiegel schauen? Was traue ich mir und meiner therapeutischen Kompetenz zu? Auch das will gelernt und entwickelt werden! Macht es doch einen Großteil unseres Wirkens aus.

Ich wünsche dir und allen meinen lieben Kollegen einen erfolgreichen Gang zum Spiegel, jeden Tag neu.